Wenn es um die Gleichstellung von Frauen und Männern in unserer Gesellschaft geht, sind gendersensible Daten von großer Bedeutung. Frauen und Männer nehmen in der Gesellschaft unterschiedliche Rollen ein. Es werden ihnen verschiedene Eigenschaften und Aufgaben zugeschrieben. Auch strukturelle Aspekte tragen zur Aufrechterhaltung von Ungleichheiten bei, können sie verstärken oder auch verringern – und zwar auch solche, die, wie etwa die Gestaltung von Verkehrswegen, auf den ersten Blick geschlechtsneutral erscheinen. Wie politische Maßnahmen, Gesetze, Steuern, Transferleistungen, öffentliche Infrastruktur, Bildung, Wirtschaft und vieles mehr gestaltet sind und aussehen, wirkt sich auf Frauen und Männer unterschiedlich aus.
Um ein genaues Bild von der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu erhalten, um Ungleichheiten benennen und ihnen entgegenwirken zu können und damit Gleichstellung durchzusetzen, benötigen wir Daten und Fakten.
Sie können eine Entscheidungsbasis bilden und helfen, Veränderungen voranzutreiben. Durch Datenanalyse werden oftmals überraschende und ungeahnte Zusammenhänge und Ungleichheiten sichtbar, wie die folgenden Statistiken für Österreich zeigen.
Arbeitswelt – Wirtschaft und Arbeitsmarkt
Der Global Gender Report 2009 hat gezeigt, dass in Österreich vor allem bei der wirtschaftlichen Teilnahme Nachholbedarf in Sachen Gleichstellung von Mann und Frau besteht. Demnach ist es vor allem um die Repräsentanz in Führungsgremien und bei Leitungspositionen sowie um die Einkommensgleichheit schlecht bestellt.
Die folgenden statistischen Daten belegen dies und können Ausgangspunkte für Gender Mainstreaming Maßnahmen sein:
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In Österreich verdienen Frauen rund 26% weniger als Männer. Demnach wurde der Equal Pay Day 2009 für den 27.September berechnet. An diesem Tag haben Männer bereits jenes Einkommen erreicht, das Frauen erst bis zum Ende des Jahres erzielen werden. |
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Auch wenn man Einflussfaktoren wie Bildung oder Karenz außer Acht lässt, beträgt der geschlechtsspezifische Unterschied in Österreich noch immer 15%. |
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In den 200 Topfirmen in Österreich finden sich in den Geschäftsführungen nur 4,8% und in den Aufsichtsräten nur 8,7% Frauen. |
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2008 waren 40,5% der UnternehmensgründerInnen in Österreich Frauen und der Anteil an Kammermitgliedern lag bei 33,5%. |
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Die Teilzeitquote in Österreich liegt bei Frauen mit 41,2% deutlich über jener der Männer (7,2%). (Statistik Austria) |
Unbezahlte Arbeit
Wenn man heutzutage von Arbeit spricht, ist meist die bezahlt geleistete Erwerbsarbeit gemeint. Die unbezahlte Arbeit gewinnt jedoch vor allem in Zusammenhang mit der Betreuung von Kindern und alten bzw. pflegebedürftigen Personen immer mehr an Bedeutung. Sie wird nach wie vor hauptsächlich von Frauen verrichtet und hat Auswirkungen auf deren Teilnahme am Erwerbsleben und ihren Karriereverlauf.
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In Österreich ordnen Frauen durchschnittlich 61,8% ihrer wöchentlich geleisteten Arbeitszeit der unbezahlten Arbeit im Haushalt zu, während dies bei Männern nur auf 20,5% der Arbeitszeit zutrifft. |
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10,8% der Frauen in Österreich sind ausschließlich für die Haushaltsführung verantwortlich. Bei den Männern beträgt dieser Anteil nur 0,2%. Allerdings geht die Zahl der ausschließlich haushaltsführenden Personen insgesamt immer weiter zurück, wie die Statistik in der Steiermark zeigt: Während sich bei den Männern der Anteil von 0,1% im Jahr 1991 auf aktuell 0,3% 2007 erhöht hat, ist er bei den Frauen im selben Zeitraum drastisch gesunken: Waren 1991 noch 20,4% der Steirerinnen ausschließlich haushaltsführend, beträgt dieser Prozentsatz 2007 12,5%. |
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Frauen in Österreich verbringen wöchentlich rund 8 Stunden mit der Betreuung von Kindern und Männer 2,5 Stunden. |
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11,8% der österreichischen Kinder bis zu zwei Jahren werden in Einrichtungen betreut. Die Steiermark belegt mit nur 5,6% betreuter Kleinkinder den österreichweit letzten Platz (Stand 2007). |
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Während 62% der Österreicher angeben bei einer längeren Krankheit oder Pflegebedürftigkeit von ihrer Ehegattin oder Lebensgefährtin betreut zu werden, gaben nur 41,1% der Frauen dies an. Dieser Trend zieht sich durch alle Altersgruppen und ist nicht ausschließlich auf ältere Personen beschränkt, wo die längere Lebenserwartung von Frauen eine Rolle spielt. |
In Österreich arbeiten (bezahlt und unbezahlt) alle
Frauen
durchschnittlich 45,2 Wochenstunden.
Männer
durchschnittlich 35,1 Wochenstunden.
Berufstätige
Frauen durchschnittlich 64 Wochenstunden.
Berufstätige
Männer durchschnittlich 48,4 Wochenstunden.*
Frauen verwenden 47% der Zeit, die sie nach der Arbeit haben, für den Haushalt; bei Männern beträgt dieser Anteil 36%. Diese Zahlen haben sich seit 1992 nicht verändert (Tageszeitung „Österreich“ unter Berufung auf eine Studie von Statistik Austria im Auftrag des Frauenministeriums).
Frauen haben laut dieser Studie bei Abzug der Hausarbeit von der nicht erwerbstätigen Zeit täglich drei Stunden 34 Minuten Freizeit, Männer hingegen vier Stunden und 16 Minuten.
Bildung und Weiterbildung
Formale Bildung, die auf dem Arbeitsmarkt verwertet werden kann, ist ein wichtiger Bestandteil der heutigen Gesellschaft. Während in früheren Generationen die Bildungschancen von Frauen eingeschränkt waren, haben sie in der Zwischenzeit stark aufgeholt und mit den Männern in punkto Hochschulabschlüsse gleichgezogen. Jedoch gibt es bezüglich der Wahl von Bildungswegen und Berufskarrieren nach wie vor geschlechtsspezifische Unterschiede. Die Folgen für Frauen sind niedrige Löhne und geringe Aufstiegschancen.
Ein Drittel der Lehrlinge in Österreich sind
Mädchen. Während männliche Lehrlinge eher technische und handwerkliche
Berufe wählen, entscheiden sich die weiblichen vor allem für Berufe im Dienstleistungssektor,
in der Gastronomie und im Handel. (WKO Österreich)
Weisen unter den 55 bis 64-Jährigen nur 7,9% der
Frauen und 8,7% der Männer einen Abschluss an einer höheren Schule (AHS, BHS)
auf, so ist unter den 25 bis 34-Jährigen der Anteil der Frauen mit 23,2%
bereits höher als der der Männer mit 19,5%. (Statistik Austria)
53,8% der Studierenden an den österreichischen
Universitäten sind Frauen. (Statistik Austria)
Auf der Montanuniversität
Leoben und den Technischen
Universitäten Graz und Wien sind dagegen nur 23,5% der Studierenden
Frauen. (Statistik Austria)
Auf den österreichischen
Universitäten insgesamt beläuft sich der Frauenanteil unter den ProfessorInnen auf 15,3%.
Frauen in Österreich nehmen weniger häufig an
innerbetrieblichen Weiterbildungen teil als Männer (34,4% bzw. 40,6%).
Pflichtschulabsolventinnen haben ein wesentlich höheres Risiko, arbeitslos zu werden, als Frauen mit einer höheren Schulbildung. Laut AMS ist die Arbeitslosenquote in dieser Gruppe mit 17,6% mehr als doppelt so hoch als die Quote über alle Bildungsgruppen gerechnet.**
Verkehr
Mobilität ist eine wesentliche Voraussetzung, um am sozialen Leben teilzunehmen und die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Die Mobilitätschancen von Frauen und Männern haben einen großen Einfluss auf unseren Alltag und wie wir ihn gestalten. Da dieser Aspekt jeden in der Gesellschaft betrifft, ist es wichtig allen Menschen, unabhängig von Einkommen, Geschlecht oder sozialer Stellung, die gleichen Mobilitätschancen zu ermöglichen. Zahlreiche Studien und Erhebungen zeigen, dass sich die Wegstrukturen von Frauen und Männer unterscheiden und sich dies auch in ihrer Verkehrsmittelwahl widerspiegelt.
Über 40% der Frauen, aber nur etwa ein Drittel
der Männer, legen ihre Alltagswege mit Bus, Bahn, dem Fahrrad oder zu Fuß
zurück.
In den Jahren 2007 und 2008 waren 88% der AlkolenkerInnen in Österreich männlich.
2008 waren ein Viertel der Verkehrstoten in
Österreich weiblich. (Statistik Austria)
Ein Drittel der österreichischen PendlerInnen sind Frauen. (Statistik Austria)
In Wien ist seit Anfang 2009 das Amt der
Stadtbaudirektion erstmals mit einer Frau besetzt, die einzige in ganz
Österreich. Dies ist vor allem deswegen von Bedeutung, da sich Planende in
erster Linie auf ihre eigene Lebenswelten und Alltagserfahrung
beziehen.
Frauen benützen häufiger
öffentliche Verkehrsmittel (30,5% täglich oder mehrmals pro Woche) als Männer
(25,5% täglich oder mehrmals pro Woche), die dafür häufiger mit dem Auto
unterwegs sind (76,0% täglich oder mehrmals pro Woche) als Frauen (64,4% täglich
oder mehrmals pro Woche).
Dabei lenken Frauen
deutlich seltener selbst das Auto und sind dafür insgesamt häufiger als
Mitfahrende unterwegs als Männer.
Die Erwerbstätigkeit
führt sowohl bei Frauen als auch bei Männern zu einer stärkeren PKW-Nutzung und
dabei zu geringeren Verhaltensunterschieden zwischen den Geschlechtern.
Besonders gering ist der Abstand zwischen weiblichen und männlichen
Angestellten.
Im Gegensatz dazu nutzen
nicht erwerbstätige Personen generell die öffentlichen Verkehrsmittel häufiger als
erwerbstätige.
Eine höhere Schulbildung
führt ebenfalls bei beiden Geschlechtern zu einer verstärkten Nutzung des
Autos, wobei der Unterschied zwischen Männern und Frauen mit zunehmender
Schulbildung tendenziell abnimmt.
Zudem zeigen die
Ergebnisse, dass eine höhere Kaufkraft zu einer verstärkten Nutzung des Autos
auch durch Frauen führt.***
Die NutzerInnenanalyse zur täglichen Verkehrsmittelwahl beim Gender Budgeting Pilotbezirk Meidling ergab folgenden Befund:
60% aller Fußwege werden
von Frauen zurückgelegt, nur 40% von Männern.
Um die Lebensqualität im
Wohngebiet zu erhöhen, sind beinahe 30% der Frauen und 25% der Männer für die
Errichtung von Tempo-30-Zonen.
Von allen Wegen mit
Fahrrädern werden 42% von Frauen und 58% von Männern gefahren. 26% der Frauen
und 31% der Männer wünschen einen Ausbau der Radwege.
Für breitere Gehsteige
plädieren 16% der Männer und 9% der Frauen.
Von allen Fahrten mit
öffentlichen Verkehrsmitteln werden 57% von Frauen getätigt, 43% von Männern.
Von allen Fahrten im
motorisierten Individualverkehr entfallen 41% auf Frauen, 59% auf Männer.
Deutlich mehr Männer als
Frauen haben im Alltag ein Auto zur Verfügung (ca. 6 von 10 Männern, ca. 4 von
10 Frauen).
Von den Wegen zur
Begleitung von Angehörigen über 60 Jahre oder für diese werden zwei Drittel von
Frauen erledigt.
Rund drei Viertel aller
Kinder werden von den Müttern in den Kindergarten gebracht.
Männer gestalten ihre
Wege im Allgemeinen so, dass sie einem Zweck dienen, während sich das
Mobilitätsverhalten von Frauen in sog. „Wegeketten“ ausdrückt. Das heißt: Wege
für die Erledigung unterschiedlicher Aufgaben werden aneinander gereiht.
Beispiele für Maßnahmen, die aus der NutzerInnenanalyse resultieren:
Aufstellen von Pollern:
Die Gehsteigflächen und ihre BenützerInnen werden vor
Befahrung und Verparkung durch KFZ geschützt, das kommt insbesondere jenen GehsteigbenützerInnen zugute, die Kinderwägen schieben oder
besondere Bedürfnisse haben.
Aufstellung von Bänken:
Möblierungen von Verkehrsflächen erhöhen den Nutzen für alle
Bevölkerungsgruppen, die sich dort aufhalten.
Gehsteigvorziehungen,
Fahrbahnaufdoppelungen: Herstellen von baulichen Maßnahmen, die dazu beitragen,
an Unfallschwerpunkten die Situation für alle beteiligten Verkehrsteilnehmer zu
verbessern.
Taktile Leitsysteme u.ä.: Herstellen von baulichen Maßnahmen, die dazu
beitragen, die Benützung von Verkehrsflächen für Personen mit besonderen
Bedürfnissen zu ermöglichen oder zu verbessern.****
*http://www.frauenfuerfrauen.at/protesttag.html
**http://ams.at/14169_23966.html
***http://www.statistik.at/web_de/presse
****Gender Budgeting Pilotbezirk. Frauenabteilung der Stadt Wien. MA 57-Frauenförderung und Koordinierung von Frauenangelegenheiten, Wien 2005.