Von der Frauenfrage zu Gender Mainstreaming

 

Gleichstellung von Frauen und Männern war viele Jahre hinweg hauptsächlich Thema und „Problem“ der Frauen. So wie sich die Ziele und Forderungen – von Gleichberechtigung bis Gleichstellung – verändert haben, hat sich auch die Methode zur Erreichung der Ziele verändert.

 

Gleichberechtigung ist das, wofür sich die erste Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts und die zweite Frauenbewegung der 60er und 70er Jahre einsetzten, nämlich rechtliche Gleichstellung (z.B. Wahlrecht, Recht auf körperliche Selbstbestimmung) von Frauen und Männern. In den 70er, 80er und 90er Jahren wurden einige Richtlinien zu Gleichbehandlung von Frauen und Männern verabschiedet. Da Frauen und Männer nicht von den gleichen Positionen aus starten, kann juristische Gleichbehandlung alleine die Gleichstellung von Frauen und Männern aber nicht sichern. Die Erkenntnis, dass neutrale Politik für Frauen und Männer eben nicht dieselben Ergebnisse erreichen kann, führte in den 80er Jahren zu spezifischen positiven Maßnahmen für Frauen, die Benachteiligungen abbauen sollten. An dieser Vorgehensweise wurde kritisiert, dass sie Frauen in eine defizitäre Position gegenüber Männern stellt, während gesellschaftliche Strukturen, die soziale Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern bewirken, nicht hinterfragt werden. Da sich diese spezifischen Maßnahmen also nur als Teillösung herausstellten, trat in den 90er Jahren Gender Mainstreaming auf den Plan, das die Geschlechterverhältnisse und strukturelle Belange in den Mittelpunkt stellt.

 

Doppelstrategie Frauenförderung und Gender Mainstreaming

 

Dennoch ersetzt Gender Mainstreaming die in der Frauenpolitik eingesetzte Frauenförderung keinesfalls. Die Europäische Union empfiehlt die Fortsetzung der Doppelstrategie Gender Mainstreaming plus gezielte Fördermaßnahmen, denn Frauenförderung ist eine Möglichkeit bestehende Benachteiligungen von Frauen gegenüber Männern auszugleichen.

 

Zusammenhang zwischen Chancengleichheit – Gleichbehandlung – Gleichstellung

 

Da in der Auseinandersetzung über die Ziele und das Verständnis von Gleichstellung zwischen den verschiedenen Begriffen wie Chancengleichheit, Gleichbehandlung und Gleichstellung oft wenig differenziert wird, sollen sie im Folgenden in ihrem Zusammenhang kurz erläutert werden:

 

Chancengleichheit bedeutet Frauen und Männer haben in Hinblick auf Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen die gleichen Chancen. Zur Erreichung der Chancengleichheit reicht es nicht aus, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte haben und weder unmittelbar noch mittelbar diskriminiert werden (Gleichbehandlung), sondern es sind darüber hinaus Maßnahmen notwendig, die zu Strukturveränderungen in der Gesellschaft führen (wie zum Beispiel der Veränderung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung) sowie fördernde, speziell auf Frauen abgestellte Maßnahmen (Frauenförderung im engeren Sinn). Chancengleichheit und Gleichstellung werden in der Regel synonym verwendet. Gleichstellung ist aber Prozess und Ziel zugleich. Gleichstellung von Frauen und Männern als Prozess umfasst eben jene oben beschriebenen Instrumente wie Gleichbehandlung sowie strukturverändernde und frauenfördernde Maßnahmen.