Definitionen

 

Gender

Der Begriff Gender bezeichnet im Gegensatz zum „biologischen“  (engl. „sex“) das „soziale“ Geschlecht bzw. die „Geschlechtsidentität“ (engl. „gender“). Mit Gender sind gesellschaftliche Geschlechterrollen gemeint, also Vorstellungen und Erwartungen, wie Frauen und Männer sind bzw. sein sollen. Der Begriff Gender soll verdeutlichen, dass Unterschiede zwischen Frauen und Männern erlernt sind bzw. von der Gesellschaft zugewiesen werden und sich Geschlechterrollen somit mit der Zeit auch verändern können.

 

Gender Studies

Gender Mainstreaming geht auf eine lange Tradition feministischer Forschung und Gender Studies zurück. Die feministische Forschung war das Resultat der Politisierung der Frauen im Laufe der frühen 1970er und 1980er Jahre. Sie fragt nach gesellschaftlichen Ursachen und politischen Mechanismen von Benachteiligungen von Frauen und zielt auf die soziale und politische Emanzipation von Frauen ab. Die ab den 1980ern anschließenden Gender Studies beschäftigen sich mit der Bedeutung der Kategorie Geschlecht, ihrer Beschaffenheit, Entstehung, Veränderung und ihren Wirkungen und rücken das Verhältnis zwischen den Geschlechtern in den Mittelpunkt. Die Gender Studies erforschen welche Rolle Geschlecht bei der Verteilung der politischen Macht, für soziale Strukturen und die Produktion von Wissen und Kultur spielt. Dabei wird aber auch die Dualität der Geschlechter hinterfragt und auf die sozialen Unterschiede innerhalb der Frauen und der Männer eingegangen.

 

Gender Mainstreaming

Mit Mainstream (die wörtliche Übersetzung ist „Hauptstrom“) werden vertraute und eingeübte Prozesse bezeichnet. Mainstreaming bedeutet demnach ein bestimmtes Denken und Handeln selbstverständlich, ein Sonderthema zu einem Hauptthema zu machen. Mainstreaming heißt den „Mainstream“ zu durchdringen, aber auch zu verändern.

 

Gender Mainstreaming bedeutet soziale Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern in allen Bereichen immer wahrzunehmen und zu berücksichtigen. Alle Vorhaben werden auf ihre möglichen geschlechtsspezifischen Auswirkungen überprüft und so gestaltet, dass sie auch einen Beitrag zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern leisten.

 

Eine oft zitierte Definition von Gender Mainstreaming ist jene des Europarates aus dem Jahr 1998: „Gender Mainstreaming besteht in der (Re-) Organisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluierung der Entscheidungsprozesse, mit dem Ziel, dass die an politischer Gestaltung beteiligten Akteure und Akteurinnen den Blickwinkel der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in allen Bereichen und auf allen Ebenen einnehmen.”

 

Gleichstellung

Gleichstellung bedeutet, alle Strukturen und Entscheidungsprozesse sind so gestaltet, dass Frauen und Männer aufgrund ihrer Geschlechterrollen in Bezug

 

    auf individuelle Lebensgestaltung,

    Verteilung von Macht, Ressourcen und Arbeit

 

weder bevorzugt noch benachteiligt sind.

 

Besonders wichtig für das Verständnis des Konzepts Gender Mainstreaming ist folgende Unterscheidung*:

 

Gender Mainstreaming

    ist kein Ziel

    ist kein Inhalt

    ist die Strategie (eine angelegte Vorgehensweise) zur Erreichung der Gleichstellung von Frauen und Männern

 

Das heißt:

    Gleichstellung ist das Ziel.

    Gender Mainstreaming ist die Strategie zur Zielerreichung.

    Frauen/Männerförderung ist eine Option, bestehende Ungleichstellungen auszugleichen.

 

 

 

Gender Budgeting

 

Gender Budgeting ist eine Strategie, die zum Ziel hat, den gesetzlichen Auftrag der Gleichstellung zu erfüllen. Die Haushaltspolitik und der konkrete Haushalt sollen demnach so ausgerichtet sein, dass durch Schwerpunktsetzungen sowie Mittelverteilungen und deren Effekte die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern vergrößert wird. „Gender Budgeting besteht in der (Re-)Organisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluierung von budgetpolitischen Prozessen. Es bedeutet eine genderbasierte Beurteilung von Budgets, die Einbeziehung einer Gender Perspektive auf allen Ebenen des Budgetprozesses und die Umgestaltung von Einnahmen und Ausgaben im Hinblick auf eine Förderung der Geschlechtergleichstellung (Europarat 2005, S. 12).

Gender Budgeting ist nur möglich, wenn der Zielzustand in Bezug auf die Gleichstellung von Frauen und Männern definiert ist. Über die Integration von Gleichstellungszielen in alle Aktivitäten werden die budgetären Wirkungen bestimmt und die aus der Integration resultierenden finanziellen (Um)verteilungsprozesse eingeleitet (Gender Budgeting)

Der erste Schritt zu Gender Budgeting ist also unabdingbar die Integration von Gender Mainstreaming.

 

„Der Umsetzung von Gender Budgeting kommt im Rahmen der mit 1. Jänner 2009 in Kraft tretenden Verfassungsnovelle (BGBl. I Nr. 1/2008) besondere Bedeutung zu, da im Art. 13 Abs. 3 B-VG als eine der Staatszielbestimmungen die Gleichstellung von Frauen und Männern definiert wird: ‚Bund, Länder und Gemeinden haben bei der Haushaltsführung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben’“ Gender Budgeting ist durch die Haushaltsrechtsreform 2007 somit verpflichtend für Bund, Länder und Gemeinden in der österreichischen Bundesverfassung verankert. Die Konkretisierung der Verfassungsbestimmung ist durch Bundesgesetz zu treffen. Der mit 1. Jänner 2013 in Kraft tretende Artikel 51 Abs. 8 B-VG schreibt vor: ‚Bei der Haushaltsführung des Bundes sind die Grundsätze der Wirkungsorientierung insbesondere auch unter Berücksichtigung des Ziels der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern, der Transparenz, der Effizienz und der möglichst getreuen Darstellung der finanziellen Lage des Bundes zu beachten.’“**

 

Ziele von Gender Budgeting

 

• Geschlechterperspektive in die Budgetpolitik bzw. in den Haushaltsprozess miteinbeziehen

• Ausgaben und Einnahmen umstrukturieren, um die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern (Förderung der Gleichstellung im Wirtschaftsleben)

• Eigenständige Existenz von Frauen und Männern sichern

• Bedürfnisse von Frauen/Mädchen ebenso wie von Männern/Buben berücksichtigen

• Budgets und deren Erstellung transparenter machen

• Mittel zielgerichteter einsetzen (Wirkungsorientierung)

• Erweiterung der ökonomischen Perspektive: unbe­zahlte Arbeit einbeziehen sowie bezahlte und unbe­zahlte Arbeit um- bzw. gleich verteilen

• Gleiche Teilhabemöglichkeiten von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen, vor allem an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen***

 

 

*Seminar „Gender Mainstreaming Basics“ der Seminarreihe „Gender Mainstreaming in Theorie und Praxis“, POP UP GeM

**http://www.imag-gendermainstreaming.at/cms/imag/content.htm?channel=CH0521&doc=CMS1060358779484

***https://www.bmf.gv.at/publikationen/downloads/workingpapers/wp_2-210_v2.pdf